Die heute nur noch in Südspanien vorkommende Tannen-Art war vor einigen Jahrmillionen deutlich weiter, über ihr heutiges Vorkommen hinaus, verbreitet. Raubbau, Übernutzung Waldbrände und Waldweide waren für den Niedergang hauptsächlich verantwortlich. Heute stehen die letzten Pinsapo-Wälder unter staatlichem Schutz. Spaniens erstes UNESCO-Biosphärenreservat „Sierra de Grazalema“ mit den höchsten Bergen El Pinar und Sankt Cristobal ist ein gutes Beispiel dafür.
Verbreitung
Die spanische Tanne ist nur noch auf drei Standorten um die Stadt Ronda in Andalusien verbreitet. Es sind dies die ca. 300 ha umfassende Sierra de Grazalema, Cadiz, (westlich von Ronda); die Sierra Bermeja, Malaga, (südlich von Ronda) mit ca.10 ha und die Sierra de las Nieves, Malaga, (östlich von Ronda) mit ca. 1000 ha. Im National Park Grazalema wächst die Tanne an Nord-und Osthängen in 900 bis 2000 m über NN bei jährlichen Niederschlägen von bis zu 2000 mm je Jahr. Der Ort Grazalema hat mit 2200 mm eine der höchsten Niederschlagsmengen Spaniens.

Abies pinsapo Verbreitungskarte Erklärung: 1-Abies pinsapo, Spanien 2-Abies marocana, Marokko 3-Abies tazaotana, Marokko 4-Abies numidica, Algerien
Beschreibung
Die Abies pinsapo kann bis 30 m hoch und bis 300 Jahre alt werden. Sie hat in geschlossenen Waldbildern eine dichte blaugrüne, zylindrische Krone, die sich im Freistand ausladend, mehrstämmig und abstrakt entwickeln kann. Sehr typisch sind die radial um den kahlen, rötlichbraunen Zweig stehenden Nadeln, die bis 15 Jahre am Baum verbleiben können. Die bis 15 mm langen, starren, blaugrünen Nadeln haben eine schildförmig verbreiterte Basis. Sie sind in den oberen Kronenbereichen aber deutlich kürzer und haben auf der Nadelunterseite zwei weiße Stomabänder. Durch die auch auf der Nadeloberseite befindlichen, weißlichen Spaltöffnungen erscheinen die Nadeln silbrig-weiß. Dies ist deutlich ausgeprägter bei der häufiger gepflanzten Abies pinsapo „Glauca“. Die Nadeln sind am Grund nicht gedreht - im Gegensatz zu denen der Abies numidica. Die Blüten der spanischen Tanne sind monözisch verteilt. Die bis 15 cm langen Zapfen sitzen aufrecht oder geneigt auf den Zweigen und fallen nach der Reife auseinander. Die Deckschuppen sind ganz verborgen. Die Samen werden bis 7 mm lang, sind dunkelbraun und mit einem bis 15 mm langem Flügel verbunden. Die Samen sind nur kurze Zeit nach der Ernte lagerfähig. Die Keimrate der Samen liegt unter 50 %.
Das Holz der Tanne wurde früher vielseitig verwendet. Infolge raubbauartiger Nutzung über Jahrhunderte und durch die Unterschutzstellung der restlichen verbliebenen Bestände hat das Holz keine wirtschaftliche Bedeutung mehr.
Genetische Differenzierung
Unterschiedliche Auffassungen von Autoren ordnen die marokkanischen Tannen-Arten entweder zu Abies pinsapo als Varietäten oder erheben sie zu eigenständigen Arten: Abies marocana, Trabut und Abies tazaotana, S. Cort.
Isoenzym-Analysen haben genetische Unterschiede zwischen spanischen und marokkanischen Abies-Populationen festgestellt. Die Abies marocana ist aufgrund von Unterschieden in der Form der Tegmente und in der Länge der Zapfenschuppen von Abies pinsapo abgetrennt und als eigene Art aufgestellt worden.
In Kultur entstandene Art-Hybriden zwischen Abies pinsapo und Abies alba werden gelegentlich in botanischen Sammlungen gezeigt.
Weitere Art-Hybriden sind:
Abies x insignis, Carr. ex Bailly |
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Abies pinsapo x Abies nordmanniana |
Abies x masjoanii |
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Abies pinsapo x Abies alba |
Weiter |
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Abies pinsapo x Abies numidica und reziprok Abies pindrow x Abies pinsapo |
 Unterscheidungsmerkmale der spanischen und afrikanischen Abies-Arten (Tabelle zum Vergrößern anklicken)
Die Merkmale sind nicht immer deutlich ausgeprägt. Übergangsformen sind möglich. Beispiel Abies numidica: Wahrscheinlich alle im Handel angebotenen Pflanzen der Abies numidica stammen aus vegetativer Vermehrung der Abies numidica „Glauca“. Diese kommt zwar auch in den Naturbeständen vor, unterscheidet sich aber deutlich von der „üblichen“ Waldform (Arboretum Freiburg-Günterstal).
 Abbildung nach T. S. Liu, National Taiwan University
 Abbildung nach T. S. Liu, National Taiwan University
Künstliche Art-Kreuzungen sind zwischen folgenden Abies-Arten durchgeführt worden:
Abies x vilmorinii, Mast. |
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Abies cephalonica x Abies pinsapo |
Abies x vasconcellosiana, Franco |
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Abies pindrow x Abies pinsapo |
Weiter: |
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Abies alba x Abies pinsapo Abies nordmanniana x Abies pinsapo |
Der Art-Bastard Abies x masjoanii wird relativ häufig als Park-und Gartenbaum gepflanzt, aber auch in der Christbaum-Nachzucht bevorzugt verwendet (Spanien).
Eine große Zahl von Zierformen der Abies pinsapo ist aus Mutationen hervorgegangen. Sie werden vegetativ vermehrt und sind im Gartenbau von Bedeutung.
Ökologie
Im Winter und im Frühjahr herrschen im Verbreitungsgebiet atlantische Klimaeinflüsse mit hohen Niederschlägen vor, während im Sommer mediterrane Klimaeinflüsse mit großer Trockenheit prägend sind. Die letzten Naturwälder der Abies pinsapo wurden unter Schutz gestellt und sind heute wirtschaftlich ohne Bedeutung. Die Arterhaltung innerhalb der noch vorhandenen Naturwälder ist nun die erste Zielsetzung.
Die hohen Niederschläge an den Naturstandorten, der Schutz vor der permanenten Waldbrandgefahr und die Einstellung der Waldweide sind Voraussetzung für den Erhalt der Art auf Dauer.
Kalkgestein und Peridotit sind die hauptsächlichen Ausgangsgesteine an den Naturstandorten.
Die natürliche Verjüngung der spanischen Tanne ist nur bei guten Bodenverhältnissen und ausreichenden Niederschlagsmengen zu erwarten. Eine künstliche Verjüngung findet nur auf begrenzten Flächen innerhalb der Schutzgebiete statt. Gute Beispiele dafür konnte der Autor in der Sierra de las Nieves sehen.
Gefährdung
Außerordentliche Gefährdung der letzten Pinsapo-Wälder besteht durch die bereits erwähnten Waldbrände. Diese haben in den letzten Jahrzehnten in Spanien gewaltige Dimensionen erreicht. Die Gefahr der totalen Vernichtung kann nicht ausgeschlossen werden. Eine Waldbrandbekämpfung in den unerschlossenen, gebirgigen Wäldern wäre äußerst schwierig bzw. nur mit Löschflugzeugen durchzuführen. Es ist deshalb notwendig und verständlich, dass die Naturparkverwaltung (Parque Natural Sierra de Grazalema) den Besuch des Naturparkes im Sommerhalbjahr ganz untersagt hat und im Winterhalbjahr nur mit Ranger-Führung möglich ist (Stand Spätjahr 2012).
Literatur
Farjon A.: "Handbook of the World’s Conifers" Brill, Leiden, Boston, 2010
Liu T.S..: "A Monograph of the Genus Abies" Department of Forestry, Coll. Agriculture, National Taiwan University, Taipei, 1971
Schütt P..: "Tannenarten Europas und Kleinasiens" ecomed-verlagsgesellschaft mbh & Co.KG, Landsberg/Lech, 1994
Pardos A..: "Abies pinsapo", Enzyklopädie der Holzgewächse ecomed-verlagsgesellschaft mbh & Co.KG, Landsberg/Lech 12.Erg. Lfg. 6.1998
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Abies pinsapo Mehrhundertjähriger Altbaum am Naturstandort Sierra de las Nieves online-utility.org

Abies pinsapo Naturwald auf Felsstandorten Sierra de Grazalema Foto: © D. Vega

Abies pinsapo Männliche Blüten Foto: © H. Nimsch

Abies pinsapo Briefmarke, Spanien

Abies pinsapo Naturstandort - in Mischung mit Pinus u.a. Sierra de las Nieves Foto: © H. Nimsch

Abies pinsapo, links und Cedrus atlantica, rechts in Grazalema, Andalusien Foto: © H. Nimsch

Abies pinsapo Solitär-Tanne Sierra de las Nieves Foto: © H. Nimsch

Abies pinsapo Männliche Blüten Sierra de las Nieves Foto: © H. Nimsch

Abies pinsapo Naturstandort Sierra de las Nieves Foto: © H. Nimsch

Abies pinsapo Gepflanzte Tannen entlang eines Weges Sierra de las Nieves Foto: © H. Nimsch

Abies pinsapo Natürlicher Jungbestand in Mischung mit Pinus Foto: © H. Nimsch

Abies pinsapo Lockerer Bestand auf Felsstandorten Sierra de las Nieves Foto: © H. Nimsch

Abies pinsapo Naturverjüngung Foto: © H. Nimsch

Abies pinsapo Fast reifer Zapfen Sierra de las Nieves Foto: © H. Nimsch

Abies pinsapo Nahaufnahme eines Zapfens Foto: © H. Nimsch

Abies pinsapo Waldbestand in der Sierra de las Nieves
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